
Neben dem man auf dem Lykischen Weg die gebirgige Küste westlich von Antalya erkundet hat, will man nur noch eins: mehr von diesem Land sehen, mehr Einheimische kennenlernen und noch mehr wilde Natur erleben. Praktischerweise beginnt ebenfalls in der Nähe von Antalya der zweite große Fernwanderweg, welcher dank Kate Clow in der Türkei eingerichtet wurde: Der St. Pauls Trail (Paulusweg).
1. Allgemeines
Wie der Name „St. Pauls Trail“ oder „Paulusweg“ schon erahnen lässt, folgt dieser Weitwanderweg den Spuren des Apostels Paulus auf seinem Weg von der Mittelmeerküste zur antiken Stadt Antiochia (heute Yalvaç). Auf 500 km (verteilt auf mehreren Wegvarianten) erwarten einem auf dem Paulusweg mit antike Städte, tiefe Canyons, Hochgebirgspässen sowie schneebedeckte Gipfel.

Man muss allerdings eines wissen: Der Paulusweg ist teilweise in sehr schlechtem Zustand!
Was bedeutet das? Zum einen sind Wegemarkierungen nicht (mehr) vorhanden – manchmal auch der ganze Weg! Ein Grund dafür können Forstpisten sein, die in der Türkei leider häufig ohne Sinn und Verstand in den Berg gesprengt werden. Andererseits kommt man auf den so entstandenen Pisten im Zweifel auch gut voran. An einer Stelle wird der Paulusweg sogar von einem Steinbruch „unterbrochen“. Im Zeitalter von GPS sollte man jedoch zumindest die grobe Richtung jederzeit finden.
Da der St. Pauls Trail auch eher selten begangen wird, sind die Pfade auch nicht immer leicht als solche zu erkennen. In einer Hochgebirgslandschaft, die von unzähligen Ziegenpfaden durchzogen wird, kann das trotz GPS zu Verwirrung führen.
Der zweite wichtige Punkt ist die Infrastruktur am Weg. Man muss definitiv mehrere Tage im Voraus planen können und auch in der Lage sein, entsprechend viel Verpflegung mitzunehmen. Läden, Bushaltestellen und Übernachtungsmöglichkeiten – dazu später mehr – sind am Paulusweg sehr rar gesät.

Auf dem St. Pauls Trail begibt man sich gleich zu Beginn ins Hochgebirge. Und dieses Hochgebirge ist eine wahre Klima-Grenze. Während an der Küste bereits der Frühling einkehrt, herrscht entlang des Paulusweges teilweise noch tiefster Winter. Auch wenn der Weg später in das große Hochtal des Lake Eğirdir absteigt, ändert sich am Klima grundsätzlich wenig.
Versteht das bitte nicht falsch. Es liegt Mitte April nicht überall meterhoher Schnee und auch die Sonne vollbringt bereits Höchstleistungen. Dennoch sind die Nächte bitterkalt, es kann jederzeit heftige Unwetter und auch Schneefälle geben. Auch die Forstpisten sollte man zu dieser Jahreszeit nicht unterschätzen, denn diese können sich in nahezu unpassierbaren Morast verwandeln.

Wir empfehlen daher, erst im Mai zu starten. Der Frühling ist ohnehin ein Highlight in den Hochgebirgen der Türkei. Sobald alles blüht und die Schildkröten aus ihrem Winterschlaf erwachen, steht einer Wanderung nichts mehr im Wege. So ist auch der St. Pauls Trail trotz aller Widrigkeiten und Wetterlagen ein tolles Abenteuer in herrlicher Landschaft und bei wundervollen Menschen!

2. An- und Abreise
Wer den Artikel zum Lykischen Weg gelesen hat, kennt bereits die wichtigsten Stationen in Antalya: Flughafen – Altstadt (Gaskartusche) – Busbahnhof („Otogar“). Glücklicherweise liegen alle wichtigen Stopps an einer der wenigen Tram-Linien in Antalya.
Wir haben uns für die östliche Route (siehe „Route“) entschieden. Dafür sind wir in den Dolmus nach Serik gestiegen. An der dortigen Moschee – Achtung nicht am Busbahnhof von Serik! – sind wir in einen weiteren Dolmus nach Beşkonak umgestiegen. Die Türken helfen hierbei gern weiter. Der Dolmus nach Beşkonak war in 2023 noch das, was „Dolmus“ eigentlich bedeutet: Fährt los, wenn voll. Im Zweifelsfall ist also Geduld gefragt, man sollte daher den Anreisetag keinesfalls als voll- oder auch nur halbwertigen Wandertag einplanen!

Wir konnten leider nur bis Eğirdir laufen, wo es allerdings einen großen Busbahnhof mit zahlreichen Direktverbindungen nach Antalya gibt.
3. Übernachtung
An dieser Stelle müssen wir obligatorisch darauf hinweisen, dass Wildcampen in der Türkei verboten ist. Wie eingangs erwähnt, gibt es auf einigen Etappen des Paulusweges jedoch keinerlei Unterkünfte – ein Zelt ist also Pflicht. Orte zum Zelten findet man reichlich. Seit der Antike wurden zahllose Terrassen angelegt und die allgegenwärtigen Ziegen sorgen sogar für niedriges Gras.

Auch wenn die Gelegenheiten dafür selten sind – eine Einkehr bei den Einheimischen lohnt sich in der Regel. Die türkische Gastfreundschaft kombiniert mit gutem Essen ist allein schon eine Reise wert! In den Bergdörfern sollte man allerdings kein Sterne-Hotel erwarten. Einfachste Waschmöglichkeiten sind völlig normal und zum Schlafen muss auch mal der Fußboden herhalten. Sollte im Gebirge allerdings mal wieder die Welt untergehen ist eine Isomatte auf dem Boden einer vollkommen unisolierten Hütte der schönste Ort auf Erden. Die Türken sind zwar gastfreundlich, dennoch: fragt bei Übernachtungen vorher nach dem Preis!

Den Angaben im Buch von Kate Clow sollte man hinsichtlich Übernachtungen nicht blind vertrauen. Das Buch hat schon einige Jahre auf dem Buckel, in denen sich das ein oder andere geändert hat. So standen wir am Vorabend eines Unwetters am Gartenzaun eines Mannes, der im Buch als der „Colonel“ (militärischer Rang, deutsch: Oberst) bezeichnet wurde und erwarteten eine Unterkunft. Nach einigen verdutzten Blicken seitens des Colonels und seiner Frau wurden wir dennoch aufgenommen und obendrein kostenlos verköstigt!
4. Die Route
Auf der Karte seht Ihr die östliche Variante des Paulusweges bis Eğirdir. Weiter sind wir in der kurzen Zeit nicht gekommen. Es gibt noch eine westliche Variante, die in den Ruinen der antiken Stadt Perge beginnt und deutlich schneller bzw. leichter zu erreichen ist. Dementsprechend kann man im Westen sogar andere Wanderer treffen.
Im Gespräch mit diesen haben wir erfahren, dass die östliche Variante wohl deutlich abgeschiedener, einsamer und tiefer im Gebirge verläuft – also genau das, was wir erleben durften. Wie eingangs erwähnt, kann man sich auf Wegmarkierungen keinesfalls verlassen. Wer dem GPS-Track mit wachem Auge und ein bisschen Kreativität folgt, sollte gut durchkommen.
Unser Ziel – der Lake Eğirdir entschädigt mit seinen Panoramen auf jeden Fall für all die kleinen und großen Hindernisse, die unterwegs aufgetreten sind.

5. Unterwegs
Der St. Pauls Trail ist nichts für Unerfahrene, soviel sollte jedem klar sein. Wer über gut sortierte Ausrüstung verfügt, sich in der Wildnis wohlfühlt und für mehrere Tage im voraus planen kann, wird diesen Weg genießen können. Highlights gibt es für diesen Zweck genug. An der Landschaft im Inneren der Türkei kann man sich eigentlich nie sattsehen, während man hin und wieder an historischen Zeitzeugen vorbeikommt.

Auch schlängelt sich der Pfad regelmäßig zwischen den unterschiedlichsten Felsformationen hindurch. Das Relief bleibt dabei stets steil und an manchen Stellen sind auch die Hände bei der ein oder anderen Kletterei gefragt. Auch wenn der Paulusweg selten begangen wird und Wegmarkierungen teilweise komplett fehlen, ist man nur äußerst selten gezwungen, durch irgendwelches Gestrüpp zu kriechen – den fleißigen Ziegen sei Dank.

Zur Etappeneinteilung kann man pauschal wenig sagen. Grundsätzlich kommen sowohl schnelle Wanderer, als auch Genießer auf ihre Kosten. Es ist alles eine Frage der Planung und der Leidensfähigkeit. Wichtig ist allerdings das Thema Wasser. In der Karstlandschaft der Inlandsgebirge gibt es nur wenige Bäche oder Quellen. Man sollte also bei jeder sich bietenden Gelegenheit seine Wasservorräte auffüllen. Das gilt insbesondere für die Ortschaften, in denen es zwar nur hin und wieder eine Laden, jedoch stets einen Brunnen gibt. Wie immer gilt, ist kein Brunnen ausfindig zu machen, kann man zur nächsten Moschee gehen.

???????????????????????????

Werbung und Transparenz:
Die Links in den Beiträgen sind Affiliate-Links. Als Teilnehmer an Partnerprogrammen von Amazon, Globetrotter oder Decathlon verdienen wir an qualifizierten Verkäufen. Wenn du auf einen dieser Affiliate-Links klickst und über diesen Link einkaufst, erhalten wir eine geringe Provision. Für dich fallen dabei keine Extra-Kosten an. Das Programm dient zur Deckung der Kosten der Website.