Saftig grüne Wiesen, entschleunigende Mischwälder, deftiges schottisches Essen und exzellenter Whisky – all dies vereint der Speyside Way. Insbesondere für Trekkingbeginner ist dieser Weitwanderweg eine absolute Empfehlung zum Einstieg in das alternative Wandererlebnis.
1. Allgemeines
Der Speyside Way gehört zu den vier überregionalen Fernwanderwegen Schottlands und wird offiziell mit 135 km Wegstrecke angegeben. Gegründet im Jahr 1981 wurde der Weg über die Jahre hinweg immer wieder erweitert. Aktuell (2022) verläuft der Hauptweg zwischen Aviemore (Kincraig) und Buckie. Weiterhin gibt es einen Abstecher nach Tomintoul sowie eine Variante über Dufftown. Der Weg ist in beide Richtungen beschildert, der einfacheren Anreise wegen haben wir uns für die Wanderung von Süd nach Nord entschieden.
Als ideale Reisezeit würden wir Frühling bis Herbst empfehlen. Aufgrund des recht angenehmen Höhenprofils sind Etappen von 20 bis 30 km keine große Herausforderung. An jedem Tag durchquert man Ortschaften um Lebensmittel- und Wasservorräte aufzufüllen.
2. Whiskyerlebnis
In über 100 Brennereien wird aktuell schottischer Whisky gebrannt. Unterteilt wird Schottland hierbei in 6 Regionen: Lowlands, Highlands, Islay, Inseln, Campbeltown und Speyside.
Jener Whisky aus der Speyside Region besticht durch einen süßlich sanften Geschmack und beinhaltet fruchtige Noten von Birnen und Äpfel.
Entlang des Speyside Way befinden sich die wichtigsten Brennerein der Region. Leider bieten die meisten Hersteller keine Führung bzw. Verkostung an.
Unsere Empfehlungen sind:
Glenfiddich Distillery in Dufftown
- 1,5 h Führung
- ca. 20 Pfund
- inklusive Tasting
- freie Termine unter https://www.glenfiddich.com/de/
Glen Grant Distillery in Rothes
- 40 Minuten Führung
- ca. 7,5 Pfund
- inklusive Tasting und Tastingglas
- freie Termine unter https://www.glengrant.com/book-tour/
The scotch whisky experience in Edinburgh
- 50 Min. bis 3 h
- zwischen 19 und 82 Pfund
- die silver tour beinhaltet ein Tasting von einem Whisky eurer Wahl
- freie Termine unter https://www.scotchwhiskyexperience.co.uk/plan-your-visit/
- angegliedert ist ein Whiskyshop mit einer schier endlosen Auswahl
3. Anreise/Abreise
Um nach Schottland zu gelangen könnt ihr euch zwischen für Auto, Flugzeug, Bahn und/oder Schiff entscheiden.
Wir haben uns für den Direktflug nach Edinburgh entschieden und sind anschließend mit dem Fernbus nach Aviemore gefahren. Diese Stadt lässt das Outdoorherz höher schlagen – zahlreiche Outdoorgeschäfte mit Gaskartuschen in ihrem Angebot.
Von Buckie aus wählten wir den Regionalbus und sind zunächst nach Aberdeen gefahren, um dort eine Nacht zu verbringen. Am Folgetag haben wir wieder den Fernbus nach Edinburgh gewählt.
Ein Tipp sei hier noch erwähnt: Am Busbahnhof der Fernbusse in Edinburgh gibt es Fächer zur Gepäckaufbewahrung in den Größen S, M und L. Zwei normale Trekkingrucksäcke passen in ein Fach der Größe M und kostet weniger als 10 Pfund. So lässt sich die Stadt auch leichten Fußes erkunden.
4. Übernachtung und Essen
Wie ihr bestimmt schon gehört habt, gibt es auch in Schottland eine Art Jedermannsrecht. Wildcampen ist unter gewissen Bedingungen möglich, was im schottischen Code zum Zugangsrecht definiert wird. Die aktuellen Richtlinien könnt ihr unter https://www.visitscotland.com/de-de/ nachlesen.
Wir selbst waren mit Zelt unterwegs und haben einen guten Mix aus Campen sowie Bed and Breakfast gehabt. Übernachtungen in Unterkünften müssen weit im Voraus gebucht werden, da es nur wenige entlang des Speyside Way gibt.
Die Kulinarik auf diesem Trek ist durchaus als sehr herzhaft und kraftgebend zu beschreiben. Vor allem das klassische schottische Frühstück besticht durch gebratenes Ei und Speck, Würstchen, gegrillte Champignons und Tomaten sowie black pudding und natürlich baked beans. Ein wahrer Energielieferant am Morgen! Aber natürlich kann sich auch der süße Gaumen auf eine große Auswahl an Küchlein, Scones und Marmelade freuen. Insbesondere die Orangenmarmelade wurde stets angepriesen.
Tagsüber haben wir uns größtenteils von kleineren Snacks ernährt. Am Abend bzw. späten Nachmittag hieß es dann einkaufen, um am Abend gemütlich auf unserem Campingkocher zu kochen.
Zu erwähnen seien hier noch die typischen Fish’n’Chips-Imbisse. Hier auch ein Tipp von den Einheimischen: besucht diese in Grantown-on-Spey oder in Buckie.
Mehr Details in den Etappenbeschreibungen.
5. Etappenübersicht
1. Etappe: 23 km und 150 Hm
Die erste Nacht verbrachten wir in Aviemore im Hotel „The Balavoulin“. Dieses war sehr gemütlich und bestach durch eine ausgezeichnete Frühstücksauswahl – inklusive klassisch schottischem Frühstück.
Gut gestärkt haben wir am Vormittag den Bus von Aviemore nach Kincraig genommen. Der Bus fährt vom Bahnhof ab und die Fahrt dauert nur wenige Minuten.
Der Start in Kincraig gestaltet sich recht unauffällig, der Weg ist gut ausgeschildert. Zurück nach Aviemore folgt ihr zum Großteil einem breiten Weg, welcher auch zum Fahrradfahren prima geeignet ist. Zurück in Aviemore haben wir uns schließlich eine Gaskartusche besorgt und einen leckeren Kaffee im „The Coffee Pot“ genossen.
Nachdem wir Aviemore hinter uns gelassen haben, wanderten wir weiter durch Heidelandschaft auf einem breiten Kiesweg. In Boat of Garten erledigten wir einen kleinen Einkauf und genossen anschließend am Bahnhof ein kühles Erfrischungsgetränk. Ein Abstecher zum Bahnhof lohnt sich so oder so. Mit etwas Glück kann man die recht antike Dampflock bewundern. Nicht nur ein Blick in die einzelnen Waggons lohnt sich, auch ein Blick in die Bahnhofstoilette.
In Boat of Garten sahen wir erstmals den Fluss Spey in seiner ganzen Pracht. Auf den letzten Kilometern zum Loch Garten befindet sich ein informativer Aussichtspunkt an einem kleinen Teich. Hier lernten wir erstmals wichtige Informationen über alle lokale Insekten. Insbesondere die „dragonfly“ hat sich seither in unsere Herzen geschlossen, denn Midges stehen ganz oben auf ihrem Speiseplan.
Angekommen am Loch Garten empfing uns ein netter Ranger und gab Empfehlungen für den perfekten Campingplatz. Schnell war das Zelt aufgebaut, Essen gekocht und wir konnten den Sonnenuntergang am See genießen.
2. Etappe: 22 km und 110 Hm
Nach Kaffee und einer Schale Grießbrei starteten wir die zweite Etappe. Durch einen Mix aus Heide und Mischwald wanderten wir nach Nethy Bridge, wo wir ein zweites Frühstück im „Nethy House Cafe“ genossen.
Der nächste Abschnitt bis Grantown-on-Spey verging schnell und so erreichten wir die Stadt am frühen Nachmittag. Nach einem erneuten Einkauf, gönnten wir uns Fish’n’Chips – wie es uns in Aviemore empfohlen wurde.
Bis Cromdale verläuft der Weg vorbei am lokalen Golfplatz und schließlich durch Mischwald bis erneut der Spey erreicht ist.
Direkt hinter der Brücke befindet sich eine Kirche mit Friedhof, wobei hier ein Denkmal zu Ehren der Gefallenen aus der Schlacht von Cromdale zu finden ist.
Die Suche nach einem geeigneten Campingplatz gestaltete sich schwierig. So sprachen wir eine Einheimische an, welche uns eine Nacht in ihrem Garten anbot.
Achtung! Auf den kommenden 2 Etappen gibt es keinen Supermarkt. Also deckt euch in Grantown-on-Spey gut ein.
3. Etappe: 21 km und 370 Hm
Endlich sind sie da – Höhenmeter. Wer bislang auf diesem Weitwanderweg noch nicht gefordert wurde, kommt nun endlich, zumindest ein wenig, ins schwitzen. Nachdem wir Cromdale verlassen haben beginnt der Anstieg über einen zunächst breit verlaufenden Forstweg, welcher immer schmaler wird. Während dieser Etappe mussten wir des öfteren das GPS hinzuziehen, da Forstarbeiten einen unübersichtlichen Streckenverlauf zurück gelassen hatten. Zum Teil sah der Pfad wie schon jahrelang nicht mehr begangen aus.
Nachdem wir dem dichten Wald entfleucht waren, führten der Pfad über Wiesen sowie Felder und durch schier unendlich viele Tore. Dank des nächtlichen Regens waren unsere Schuhe schnell durchnässt und auch jeder einzelne Schritt musste in Anbetracht des flutschigen Untergrundes zweimal bedacht werden.
Laut unserem Reiseführer von Outdoor kann man einen alten Eisenbahnwaggon rechts des Weges entdecken. Um ehrlich zu sein, haben wir diesen glatt übersehen. Viel mehr zog die wunderschöne Aussich auf den Spey und die umgebende hügelige Landschaft unsere Aufmerksamkeit auf sich.
Kurz nach Überquerung der Landstraße verläuft des Speyside Way durch ein wahres Hasenparadies. Wer sich leise fortbewegt, erhascht hier garantiert einen Blick auf umher hoppelnde Kaninchen.
Die letzten Kilometer bis Cragganmore verlaufen idyllisch in der Nähe des Flusses entlang. Wir entschieden uns für die Übernachtung im AirBnB in Cragganmore.
Nachdem wir unser Gepäck dort abgeladen hatten, besuchten wir noch die Destillerie und das Castle von Ballindalloch. Wer sich schon immer wie ein schottischer Adliger im 20. Jahrhundert fühlen wollte, kommt hier ganz auf seine Kosten. Wem dies zu kitschig ist, der kann ebenfalls im anliegenden Park wandeln und im Cafe des Schlosses leckere Scones und Sandwiches genießen.
4. Etappe: 19 km und 90 Hm
Die heutige Etappe könnte man als Erholungstour nach dem gestrigen Tag werten. Bis zum Zielort Aberlour weicht der Wanderweg nicht vom Spey ab. Untwerwegs passierten wir die wohl optisch schönste Whiskydestillerie in ganz Schottland – die Dalmunach Destillery. Leider ist diese nicht zu besichtigen, aber von außen eine wahre Augenweide.
Angekommen in Aberlour schlenderten wir noch ein wenig durch den Park und genossen schließlich einen Kaffee in der Innenstadt. Nachdem auch der Einkauf für das kommende Abendessen und Frühstück erledigt war, überwanden wir die letzten Meter zum Campingplatz. Begleitet vom unwiderstehlichen Duft der Walkers Shortbread Manufraktur war dies ein leichtes Spiel.
Unser Ziel, der Campingplatz Speyside Camping, verfügt über einen kleinen Shop, der das Notwendigste abdeckt.
5. Etappe: 16 km und 260 Hm
Früh am Morgen bauten wir unser Zelt ab und machten uns auf den Weg nach Dufftown. Das Frühstück im Gepäck ging es zunächst bergan – zwischen Feldern und schließlich durch gewohnten Mischwald sowie Heide. Nach einem kurzen Stück bergab entdeckten wir die perfekte Frühstücksbank – mit Ausblick auf Dufftown. Zügig wurden Pancakes und Obst aufgetafelt. Während der Geruch von frischem Kaffee aus Richtung Gaskocher in die Nase stieg. Es war perfekt.
Frisch gestärkt entdeckten wir das recht verschlafene Städtchen Dufftown. Der von weitem sichtbare Clocktower wurde ursprünglich als Gefängnis genutzt, heute beherbergt er die Touristinformation. Die Turmuhr wird auch „The clock that hanged MacPherson“ genannte. Dies geht auf folgende Geschichte zurück: Mister MacPherson von Kingussie war zum Tode verurteilt und sollte gehängt werden. Als der amtierende Sheriff Lord Braco von einem schriftlichen Freispruch erfuhr, drehte er die besagte Uhr um 15 Minuten vor. So wurde MacPherson gehängt, bevor sein Begnadigunsschreiben die Stadt erreichte.
Wir verließen die Innenstadt in Richtung Norden und entschieden uns über das Kriegsdenkmal, rechts der Hauptstraße, in Richtung Balvenie Castle zu gehen. Von der einstigen Burg sind noch die Ruinen zu sehen, Besichtigungen sind möglich.
Nach dem Castle ging es endlich in Richtung Glenfiddich Destillery. Zu unserem Pech fanden an diesem Tag keine Führungen statt. Recherchiert bzw. bucht unbedingt im Vorfeld! Wir besichtigten das Außengelände und schmiedeten einen neuen Plan: zügig nach Craigellachie laufen und am Nachmittag bei einer Führung der Glen Grant Destillery teilnehmen.
So wanderten wir schnellen Schrittes den leicht abschüssigen und sehr gut ausgebauten Wanderweg nach Craigellachie und fuhren von da an mit dem Bus ins benachbarte Rothes.
Gepäck im Hotel „Oyo Eastbank“ abladen, Proviant auffüllen und schließlich auf zur Destillerie. Die Führungen bei Glen Grant sind online im Voraus buchbar.
Die Herstellung wurde von den einzeilnen Zutaten bis zur Flaschenreifung detailiert erzählt. Zum Schluss fand das Tasting dreier Whiskysorten unter Anleitung statt. Wir waren rundum zufrieden.
Rothes verfügt weiterhin über ein altes Castle, von dem tatsächlich nur noch eine einzige Mauer steht. Und im Ortskern kann man einen alten Kupferkessel aus der Nähe begutachten.
Die 2 kleinen Supermärkte bieten das Notwendigste an.
6. Etappe: 21 km und 390 Hm
Im Internet lasen wir von einer Wander- bzw. Fahrradwegverbindung zwischen Rothes und Craigellachie. Nach einem klassisch schottischen Frühstück machten wir uns also auf den Weg. Die ersten Kilometer waren gut ausgebaut und angenehm in einer Allee zu laufen. Doch dann endete der Weg plötzlich an der Bundesstraße und es war keine weitere Alternative in Sicht. So mussten wir die letzten 2 Kilometer an der recht stark befahrenen Straße weiterlaufen. Sollte die Verbindung zwischen den beiden Städten nicht weiter ausgebaut werden, so empfehlen wir euch erneut den Bus zu nehmen. Aber fragt die Einheimischen zuvor, wie der Stand ist, eventuell tut sich in der Zukunft noch etwas.
Der Speyside Way führte an diesem Tag durch die hügelige Landschaft neben dem Fluss. So wurden wir wieder mit schönen Ausblicken belohnt und genossen die wunderbare Stille im Wald. Entlang des Weges trafen wir nicht nur auf Kühe, Fasane und Rehe. Nein, auch gelbe Schafe säumten das Bild.
Achtung! Diese Etappe führt ein kurzes Stück an einem Schießstand vorbei. Entsprechende Ampelfarben signalisieren euch, ob ihr ungehindert passieren könnt.
Ein zeitiges Loslaufen in Rothes lohnt sich im übrigen sehr. Nachdem wir unser Zelt auf dem „Burnside Caravan Site“ von Fochabers aufgeschlagen hatten, besichtigten wir die Anlage rundum das „Gordon Castle“. Der Walled Garden zieht Touristen von weit her an. Und zu unserer Überraschung kann man das dort angebaute Obst und Gemüse kaufen. Nichts geht über ein paar frische Himmberen und Brombeeren bei einer Tasse Cappuccino.
7. Etappe: 19 km und 60 Hm
Beflügelt von der Hoffnung, Seeadler, Delfine und Seelöwen zu sehen, starteten wir mit einem Frühstück am Spey, einschließlich Blick auf vorbeifahrende Raftingboote. Mit Sonne im Gesicht wanderten wir Richtung Norden durch Ginster und entlang Getreidefelder, bis wir das Dolphine Center an der Spey Bay erreichten. Einen Seeadler konnten wir leider nicht erspähen, aber daführ warfen wir einen Blick in eines der dortigen Eishäuser. Diese dienten früher der Lagerung von Eis, welches wiederum der Lagerung von frischem Fisch diente.
Der Weg führte weiter vorbei an einem Golfplatz, später (leider) entlang einer Mülldeponie und letztlich durch Weideland.
Am Orstausgang Portgordon waren sie endlich zu sehen – Seelöwen. In all ihrer Pracht konnten wir diese Meeresbewohner beobachten und über ulkige Fortbewegungsart zu Lande amüsieren.
Angekommen in Buckie bezogen wir unsere Unterkunft „Struan House“. Wir fühlten uns in der Zeitgeschichte mindestens 50 Jahre zurück versetzt. Das ganze Haus schien eine Art Museum zu sein und wir durften uns für eine Nacht wie im alten Schottland fühlen.
Auf anraten unserer Gastgeber gönnten wir uns zum krönenden Abschluss Fish’n’Chips im „The Fry Inn“.
Das offizielle Ende bzw. Start befinden sich im übrigen Luftlinie 20 Meter Richtung Meer vom Struan House entfernt!
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